
Vorüberlegungen zum Ausbau


Wie an anderer Stelle hier zu lesen ist, waren wir keine unbedarften Camper und hatten schon mit VW-Bus und Ducato einiges an Erfahrung erworben. Dennoch ist so ein „Weltreisemobil“ schon noch mal eine andere Sache.
Es gibt viele Arten so einen Ausbau anzugehen und noch mehr Möglichkeiten, einen Ausbau zu realisieren. Es beginnt schon bei der Wahl des „Koffers“. Neben der Option, einfach einen alten Wohnwagen auf der Pritsche zu verzurren sind die häufigsten Arten der Umbau eines Militär-Shelter oder eine maßgeschneiderte GFK Kabine.
Wir hatten uns für letzteres durch FRM-Technik entschieden. Neben FRM-Technik gibt es unzählige weitere Anbieter, die entweder nur die Kabine (und den Hilfsrahmen) oder den ganzen Ausbau realisieren. Übrigens: Natürlich kann man das mit handwerklichem Geschick auch komplett selbst machen.
Bei uns stand also irgendwann fest, der Hilfsrahmen und die Kabine kommen von einem Anbieter, der die Kabine nach unseren Angaben (unter Berücksichtigung der Ausbaurichtlinien) fertigt. Nur, damit ist es ja nicht getan…
Koffer
Gibt es das einzig Wahre?
Wer jemals auf einer Allradmesse und dort auf der Messe Fahrzeuge begutachtet oder mit den Besuchern gesprochen und deren Fahrzeuge inspiziert hat, wird feststellen:
Es gibt unzählige Möglichkeiten einen Grundriss zu planen. Und jeder wird felsenfest behaupten, seiner wäre der einzig wahre!
Ohne hier jetzt alle unsere Erfahrungen und Gespräche wiedergeben zu wollen, möchte ich doch kurz aufzählen, was uns zu unserem Grundriss und unseren Umsetzungen gebracht hat:
1. Radstand und Abmessungen
Der Radstand eines LKW legt, zusammen mit den Ausbaurichtlinien, einen maximalen Überhang eines Koffers fest. Hinzu kommt, dass der Koffer beim Kurvenfahren um so mehr hinten ausschwenkt, je länger der Überhang ist. Der Radstand des Steyr ist 3,50m und der max. Überhang (wie bei vielen anderen LKW) bei 60%. D.h. der Koffer darf max. 2,10m über die Mitte der Hinterachse hinausragen.
Zusammen mit dem Fahrerhaus, das die Auflage vorne begrenzt, kann die Wohnkabine eines Steyr max. 4,70-4,80m lang werden. Man könnte jetzt natürlich den Radstand verlängern. Wir haben uns bewusst (nach vielen Fragen und Diskussionen) gegen diese Option entschieden, da der Steyr dadurch seine einzigartige Wendigkeit verlieren würde.
2. Wie lange will ich reisen bzw. welchen Komfort brauche ich?
Wir haben ja vor, eine mehrjährige Weltreise zu unternehmen. Gleichzeitig möchten wir – auch mit den Erfahrungen aus unseren Vor-Fahrzeugen – möglichst autark sein. Wir benötigen also mehr als 90l Frischwasser, mehr Akku-Kapazität als 150Ah/12V, mehr als 200W Solar, größere(n) Abwassertank(s), Toilettenentsorgung, und und und..
Schnell war uns daher schon in der Fahrzeugwahl klar, dass ein Iveco Daily uns wieder genau die Grenzen auferlegen würde, wie unser Fiat Ducato: Immer knapp am Limit des max. Gesamtgewichts. Daher also der LKW. Nur ein LKW bietet ausreichend Ladekapazitäten um das alles zu realisieren.
Durch die Erfahrungen mit den Gasflaschen im Winter in Spanien war uns beiden auch klar, dass wir auf Gas möglichst verzichten möchten. Auch kühlte unser Gas-Absorberkühlschrank (wohl auch wegen seines Alters) eher unterdurchschnittlich. Und: Nachdem wir gelesen hatten, dass wegen eines Brandunglücks auf einer Fähre nach Südamerika auch alle Gastanks immer durch einen Fachbetrieb zertifiziert geleert und gereinigt werden müssen, war das Thema Gas (unabhängig von der aufwändigen Verlegung und der separaten Gasprüfung) für uns im Inneren des Koffers durch.
Was heißt das jetzt für uns?
Der Ausbau erfolgt im Inneren gasfrei, überwiegend mit Haushaltsgeräten. Kühl-Gefrierkombination, Herd (Brotbacken!) und Kochfeld sind 230V-Geräte. Warmwasser wird beim Fahren über die Motorkühlung, beim Stehen ebenfalls über 230V erzeugt. Aufgrund des Lebens im Steyr für längere Zeit möchten wir auch auf Waschmaschine und Klimaanlage nicht verzichten, die auch mit 230V betrieben werden. Diverse Kleingeräte komplettieren unsere Komfortbedürfnisse, erfordern aber auch wieder 230V.
Es war also klar, dass es ohne ein großzügiges Stromkonzept (das seinen Preis hat – keine Frage!) nicht gehen wird. Zum Einsatz kommen 600Ah(16x300Ah)/24V LiFeYPO4-Winstonakkus, 5000W Wechselrichter und 1600Wp Solarkapazität. Für Schlechtwetterperioden im Winter steht zusätzlich ein Inverter-Generator zur Verfügung.
Wenn ihr nur wenige Wochen im Jahr unterwegs seid, kann die ganze Technik sicher wesentlich simpler gehalten werden.
3. Grundriss
Die Frage ist ja nur, wo und wie bekomme ich diese Technik denn unter? Und dann auch noch Kleidung (Sommer/Winter), Schuhe, Lebensmittel, Bücher, Geschirr, Töpfe, Haushaltswäsche (Bettwäsche, Handtücher,…)
Und dann braucht man auch noch Dinge wie ein Bett, eine Sitzgelegenheit, ein Bad und – unter Berücksichtigung von Punkt 1 – das Ganze auf unter 11m2.
4. Realisierung unserer Vorstellungen
Wenn ihr so gar keine Idee habt, bietet sich, neben vielen Besichtigungen und Gesprächen, das Buch von Ulrich Dolde an.
Uns hat es mit unseren Vor-Erfahrungen nicht wirklich geholfen.
Unser Grundriss
Nach all diesen Vor-Überlegungen kam bei uns folgender Grundriss heraus:

Bett
Im Heckbereich befindet sich das Querbett. Wir haben uns für ein Querbett entschieden, weil es darunter einen durchgehenden Stauraum für
- Technik (400l Frischwassertank, Wasseraufbereitung und Waschmaschine)
- Campingausrüstung (Stühle, Tisch, Feuerschale…) und
- Ersatzteile/Werkzeug bietet.
Am Fußende des Heckbetts ist ein Kleiderschrank.
Dinette
Die Dinette ist beifahrerseitig, da dies meist die „schönere“ Seite ist, wenn man an einem Ort stehenbleibt. Ich weiß bis heute nicht, warum das so ist. Unter der Dinette findet sich Platz für
- Vorräte (Die Bank näher am Bett) sowie
- die Staukasten-Klimaanlage (unter der Bank beim Bad).
Bad
Wir haben uns für eine Schmutzschleuse als Bad entschieden.
Diese hat in unseren Augen folgende Vorteile:
- Der Eingang verschwendet keinen Platz, da er gleichzeitig das Bad ist
- Die Duschgarnitur kann auch genutzt werden, um außerhalb der Kabine, im Freien, Gegenstände abzuwaschen
- Wenn es regnet, kann man schon mal ins Trockene ohne das Innere zu überfluten
- Auch bei Regen kann die Außentür offengelassen werden und Kochgerüche ziehen nach draußen
Aber natürlich hat eine Schmutzschleuse als Bad auch Nachteile:
- Man sieht beim Betreten immer auch gleich das WC (bei uns eine Trocken-Trenntoilette)
- Man kann den Koffer nicht betreten oder verlassen, wenn jemand duscht oder auf dem Topf sitzt
Aber für uns waren das nicht wirklich schlagkräftige Argumente.
Gegenüberliegende Seite, beginnend beim Bett:
Küchentechnik-/Vorrats-Schrank
Da wir mehrere Jahre unterwegs sein werden, wollten wir auf Annehmlichkeiten wie u.a. Kaffeemaschine und Küchenmaschine nicht verzichten. Diese sind im oberen Bereich untergebracht. Unten ist dann noch Platz für Vorräte o.ä. (Anmerkung: Eine Änderung hat sich schon ergeben. „Irgendwie“ muss die Technik ja auf beide Seiten und auch das Bett will erklommen sein. Daher kommt jetzt vor das Bett noch eine Trittstufe, die diesen Schrank kleiner werden lässt.
Küchenzeile
1,4m breit. Links ein normales Haushaltswaschbecken (schau dir mal die normalen Campingwaschbecken an, da kann man nicht wirklich drin abwaschen), darunter der Mülleimer. In der Mitte die Arbeitsfläche (oft zu klein!), darunter Backrohr (mit/ohne Mikrowelle, Entscheidung noch offen) (gibt es auch in 45x60cm). Rechts ein 2-Platten-Induktionsherd (Achtung hier auf Topf-Mindestgröße!) und darüber die Oberschränke.
Schaut euch einfach mal in eurer Küche zu Hause um. Diese liefert bestimmt Anhaltspunkte, was, wo, wie sein muss.
Kühlschrank
Im Anschluss an den Arbeitsbereich ein gewöhnlicher Haushaltskühlschrank. Achtet hier auf Kühlrippen hinten (nicht seitlich in die Fläche integriert), Geräusch, Leistungsbedarf (der läuft schließlich (fast) immer), zwei Kompressoren (wenn auch mit Gefrierschrank) und Low- bzw. NoFrost Gefrierabteil. Beim Einbau immer auch die Einbauanleitungen schon vor dem Kauf lesen (Kühlschränke brauchen eine Ventilation von vorne nach hinten und oben wieder raus. Schaut auch hier einfach, wie euer Kühlschrank daheim verbaut ist.
Kleider-/Schuhschrank
Beides muss auch irgendwo hin und kommt neben der Technik unter.
Technikschrank
Unterschätzt keinesfalls den Platz und die Stabilität, die Technik benötigt. Ein 5000W Wechselrichter von Victron wiegt 30kg und muss „irgendwie“ pistentauglich befestigt werden. Und Platz benötigt er auch. Dazu kommt noch der Boiler, die Dieselheizung, Sicherungen, Solarregler und und und… Und das ganze muss ja auch noch servicefreundlich untergebracht sein, sodass die Sachen im Fehlerfall wieder ausgebaut werden können.
Details
Im Detail gehe ich dann bei der Ausbau-Dokumentation auf die einzelnen Punkte ein. Aber ihr seht, es ist ganz schön viel zu berücksichtigen. Und ohne ein 3-D-Programm (in meinem Fall Sketchup) lässt sich das – wenn überhaupt – nur mit viel Probieren realisieren.
So. Und nun viel Spass beim Planen (und Realisieren) eures Traummobils!
Traummobil
